Im Kampf um die Republik

Bild 031: Die mehrheitssozialdemokratische Regierung Hoffmann und das bayerische Landtagspräsidium im Bamberger Exil [Bildarchiv Bayerischer Landtag]
Die mehrheitssozialdemokratische Regierung Hoffmann und das bayerische Landtagspräsidium im Bamberger Exil
(Bildarchiv Bayerischer Landtag)

Die Verteidigung der demokratischen Errungenschaften sowie der Kampf gegen Arbeitslosigkeit, Lebensmittelknappheit und Wohnungsnot: Dies waren nur einige der Probleme, mit denen sich das Kabinett Johannes Hoffmanns, des zweiten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Bayerns, auseinanderzusetzen hatte. Die Regierung Hofmann prägte in ihrer knapp einjährigen Amtszeit den Freistaat nachhaltig: Es gelang, Bayern in eine parlamentarische Demokratie umzuwandeln und im Ringen mit der BVP politische Freiheiten in der bayerischen Staatsverfassung zu verankern. Dennoch konnte sich die SPD gegen den zunehmenden Druck reaktionärer Kräfte nicht in der Regierung halten. Als Oppositionspartei bemühte sich die Sozialdemokratie, die erkämpften politischen Freiheitsrechte gegen Reaktion und erstarkenden Nationalsozialismus zu verteidigen.

Zwischen Räterepublik und reaktionären Kräften

Bild 030: Einmarsch gegenrevolutionärer Soldaten in München [Bundesarchiv]
Einmarsch gegenrevolutionärer Soldaten in München
(Bundesarchiv)

Hoffmann, der nach der Ermordung Kurt Eisners nach zähen Verhandlungen mit dem Rätekongress im Landtag zum Ministerpräsidenten gewählt worden war, setzte sein Kabinett aus Mitgliedern der MSPD, der USPD und des Bayerischen Bauernbundes zusammen. Durch die Radikalisierung der politischen Linken und Rechten geriet die Regierung Hoffmann jedoch zunehmend unter Druck. Als in München am 8. April 1919 eine Räterepublik ausgerufen und Hoffmann für abgesetzt erklärt wurde, floh seine Regierung samt dem Landtag nach Bamberg.

Das Handeln der Regierung Hoffmann war zunehmend von der Furcht geprägt, die Münchner Räteherrschaft könne reaktionäre Kräfte auf den Plan rufen und so die demokratischen Errungenschaften der Revolution in Gefahr bringen. Die Regierung versuchte deshalb, in München und den bayerischen Städten, die sich der Räterepublik angeschlossen hatten, durch Propaganda, Wirtschaftsblockaden und durch die Anzettelung von Putschen die Macht zu erobern. Auf Drängen der Reichsregierung bemühte sich Hoffmann vergeblich, München durch Militäraktionen, unter anderem von sozialdemokratischen Arbeiterwehren, zurückzuerobern. Zu einem Zeitpunkt, als sich die Münchner Räteherrschaft bereits in Auflösung befand, akzeptierte Hoffmann schließlich die Entsendung von Truppen des Reiches und von Freikorps. Diese verhängnisvolle Entscheidung führte - trotz mehrfacher Intervention Hoffmanns - zu einem Blutbad, zur weiteren Spaltung der Arbeiterbewegung und zur Stärkung der Reaktion. Hoffmann sah sich zu einer Regierungsumbildung unter Einbeziehung der BVP und der DDP gezwungen. Trotz dieser schwierigen Ausgangslage, konnten bei den Verhandlungen um die bayerische Verfassung wichtige sozialdemokratische Forderungen umgesetzt werden.

In vielen Fragen hatten die sozialdemokratischen Regierungsmitglieder gegenüber BVP und DDP einen schweren Stand. Gegen die harten Gerichtsurteile, die gegen führende Köpfe der Münchner Räterepublik verhängt wurden und gegen die reaktionär-konservative Zusammensetzung der Justiz agierten sie kraft- und erfolglos.

Während des sogenannten “Kapp-Putsches” fand die Regierung Hofmann ihr Ende. Im Reich gelang es, den von Teilen der Reichswehr unter Führung des Beamten Wolfgang Kapp gegen die Republik und deren Regierung angezettelten Putsch durch einen Generalstreik der Gewerkschaften und durch den Widerstand der Reichsverwaltung zu vereiteln. Die Münchner Reichswehrführung nutzte jedoch den Putsch, um weitreichende Befugnisse der Regierungsgewalt zu verlangen. Hoffmann stand mit der Ablehnung dieses Ansinnens allein und trat am 14. März 1920 zurück.

Im Kampf gegen den aufkeimenden Nationalzozialismus

Unter dem neuen konservativen Ministerpräsidenten Gustav von Kahr wurde Bayern zur “Ordnungszelle” ausgerufen und zunehmend zur Keimzelle der Reaktion. Linke Gruppen wurden verfolgt, während die radikale Rechte unbehindert agierte. Bei den Landtagswahlen von 1920 erlitt die MSPD massive Verluste, während die USPD ihren Stimmenanteil enorm steigern konnte. Auch nach der Wiedervereinigung mit der USPD konnte die bayerische SPD in der Weimarer Zeit die bei den Landtagswahlen von 1919 erlangte Stärke nie zurückgewinnen. Bis zum katastrophalen Wahlergebnis von 1932 war die SPD im Landtag zwar zweitstärkste Partei, blieb aber politisch isoliert.

Besonders früh mussten sich die bayerischen Sozialdemokraten mit dem Nationalsozialismus auseinandersetzen. Aufgrund der Störung sozialdemokratischer Parteiveranstaltungen durch völkische Kampfverbände sah sich die SPD 1922 gezwungen, die “Auergarde”, ihren später im Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold eingegliederten Selbstschutzverband, auszubauen. 1923 versuchten die Nationalsozialisten zunächst, die Maifeiern der Münchner Arbeiterbewegung zu verhindern. Im selben Jahr kam es während des Hitlerputsches zu massiven Übergriffen. Die SPD konnte zwar einen Untersuchungsausschuss durchsetzen, der die Verstrickungen der bayerischen Staatsführung und -verwaltung in die Vorgänge untersuchen sollte. Anders als der SPD-Abgeordnete Wilhelm Hoegner war die Mehrheit des Ausschusses jedoch nicht bereit, sich dem Versagen der bayerischen Behörden zu stellen.

Als 1930 die Regierung unter dem BVP-Ministerpräsidenten Held stürzte, versuchte die bayerische SPD nochmals vergeblich, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Aus Sorge um dem Fortbestand der demokratischen Ordnung und angesichts der dramatischen Weltwirtschaftskrise fand sie sich schließlich bereit, die Regierung Held zu tolerieren und bei wichtigen Gesetzesvorlagen sowie beim Staatshaushalt zu unterstützen. Noch 1932 versuchte die SPD vergeblich, die BVP zur Bildung einer Koalitionsregierung gegen die erstarkende NSDAP zu bewegen. Im Kampf um die Verteidigung der politischen Freiheitsrechte war die Forderung nach einer grundlegenden Umgestaltung der Gesellschaft zunehmend in den Hintergrund geraten. Wilhelm Hoegner charakterisierte die Situation im Rückblick wie folgt:

„Müde und verbraucht war … die ganze sozialdemokratische Politik. Das Revolutionsjahr 1918/19 hatte nicht den von Millionen erwarteten Bruch mit der Vergangenheit, mit dem Militär- und Junckerstaat, mit der kapitalistischen Wirtschaftsweise gebracht. Zahllos sind die Gründe … für den großen geschichtlichen Fehlschlag. … Aber das Volk fragt nicht nach den Gründen des Versagens …, es macht nur den Gefühlen seiner Enttäuschung Luft und bricht über die wirklich oder vermeintlich Schuldigen mitleidlos den Stab... Wir waren ziellos geworden, und alle die Wege, die wir einen nach dem anderen ohne wirklichen Glauben an ein glückliches Ende einschlugen, führten ins Nichts. Der Mangel an Tatkraft lähmte unsere Reichs- und Länderpolitik... Ein Zug nach dem anderen fuhr an uns vorbei, wir sprangen nicht auf, wird fanden den Anschluss nicht mehr.“

  • 1919

    Johannes Hoffmann wird neuer Ministerpräsident Bayerns

    Friedrich Ebert wird deutscher Reichspräsident

    Die Bamberger Verfassung tritt in Kraft

    Gründung der KPD

    Gründung des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes

    Bild 035: Friedrich Ebert [Archiv der Sozialen Demokratie]
    Friedrich Ebert
    (Archiv der Sozialen Demokratie)

  • 1920

    Die bayerische SPD geht nach dem Rücktritt Hoffmanns in die Opposition

  • 1922

    Wiedervereinigung von SPD und USPD

    Bild 028: Kundgebung von MSPD und USPD anlässlich des Wiedervereinigungsparteitags [Bildarchiv Hofmann]
    Kundgebung von MSPD und USPD anlässlich des Wiedervereinigungsparteitags
    (Bildarchiv Hofmann)

  • 1923

    Hitler-Putsch in München

    Bild 033: Verhaftung sozialdemokratischer Stadträte während des Hitler-Putsches [Archiv der Sozialen Demokratie]
    Verhaftung sozialdemokratischer Stadträte während des Hitler-Putsches
    (Archiv der Sozialen Demokratie)

  • 1925

    Reichspräsident Ebert stirbt

  • 1929

    Beginn der Weltwirtschaftskrise

  • 1930

    Anstieg der Arbeitslosenzahlen auf über 6 Millionen